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Darauf freuen wir uns

Vom Güterverkehr zur Logistikbehörde

"Wir sind dabei, interessierte, motivierte, junge und auch ältere Kolleginnen und Kollegen neu fürs BAG zu gewinnen", berichtet Christian Hoffmann, Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG). Wie vielfältig die Aufgaben der Behörde sind und warum der aktuelle Name dem nicht gerecht wird, verrät er im Interview mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellte Dr. Eva-Charlotte Proll.

Behörden Spiegel Interview
Präsident Christian Hoffmann
Christian Hoffmann ist Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG). Quelle: Bundesamt für Güterverkehr

Behörden Spiegel: Aus dem Bundesamt für Güterverkehr wird 2023 das Bundesamt für Logistik und Mobilität, kurz BALM. Warum kommt es zu dieser Namensänderung?

Hoffmann: Die Namensänderung resultiert aus einer langfristigen Entwicklung, die wir als Behörde im Hinblick auf unsere Aufgaben erleben. Wir kommen aus der klassischen Eingriffsverwaltung als Kontroll- und Ahndungsbehörde. Zusätzlich sind wir mit der Verwaltung der Lkw-Maut beauftragt, seit Jahren auch für Zuwendungsprogramme zuständig und damit im Bereich der Leistungsverwaltung tätig. Und wir sind eine Krisenmanagementbehörde. Seit März befördern wir ukrainische Flüchtende aus den Ankunftshubs in Deutschland und hier insbesondere aus dem Großraum Berlin in das Bundesgebiet. Der letzte Punkt war schlussendlich ausschlaggebend für Bundesminister Dr. Wissing, unseren Namen zu ändern in Bundesamt für Logistik und Mobilität. Der neue Name ist geeignet, die Aufgaben des Amtes vollständig in seiner Breite darzustellen. In der Vergangenheit mussten wir häufig erklären, was sich alles hinter dem Bundesamt für Güterverkehr verbirgt, das entfällt in Zukunft!

Behörden Spiegel: Wie ist das Bundesamt organisatorisch aufgestellt?

Hoffmann: Das BAG hat 2.000 Beschäftigte, die sich hier auf die Zentrale in Köln und auf elf Außenstellen und ein Büro in Berlin verteilen. In der Zentrale arbeiten wir an strategischen und grundsätzlichen Fragestellungen, während die Außenstellen mit den regional operativen Bereichen betraut sind, wie die Straßenkontrolle, die Betriebskontrolle, die Marktbeobachtung und Ordnungswidrigkeitenverfahren.

Behörden Spiegel: Nachhaltigkeit ist auch wichtig für Ihre Tätigkeiten. Was ist geplant, um Mobilität sicherer und umweltgerechter zu gestalten?

Hoffmann: Im Hinblick auf unsere Rolle als Kontrolldienst agieren wir effektiv zugunsten der Straßeninfrastruktur. Durch unseren gesetzlichen Überwachungsauftrag sorgen wir für einen schonenden und wettbewerbsgerechten Umgang mit der Straßeninfrastruktur. Auch schützen wir vor zu großer Abnutzung durch gezielte und in Zukunft noch deutlich auszubauende Schwerlastkontrollen. Als Projektträger fördern wir für das BMDV zahlreiche Programme und Modellvorhaben der modernen Mobilität, des ÖPNV und für den Radverkehr.

"In der Vergangenheit mussten wir häufig erklären, was sich alles hinter dem Bundesamt für Güterverkehr verbirgt, das entfällt in Zukunft!"

Behörden Spiegel: Sie wollten das Radnetz zu einem länderübergreifenden sicheren, lückenlosen und attraktiven Netz aus national bedeutenden Radfernwegen weiterentwickeln. Wie ist die Situation aktuell?

Hoffmann: Die aktuelle Situation ist gut. Wir haben 11.000 Kilometer funktionierendes Radnetz auf zwölf Deutschlandrouten. Aus einer zentralen Funktion heraus können wir die unterschiedlichen Standards, Beschaffungs- und Erhaltungsgrade sowie bestimmte Schnittstellen und Übergänge, die noch fehlen, optimal koordinieren. Aus den Ländern und den Kommunen erhalten wir viel Zuspruch, die Fördermittelwerden sehr gut in Anspruch genommen. Das Ziel ist, die deutschen Radwege noch durchgängiger befahr und noch bekannter zu machen.

Behörden Spiegel: Welche Aufgaben erfüllen Sie im Bereich des Bevölkerungsschutzes?

Hoffmann: Zum einen unterstützen wir in gesetzesunterschwelligen Lagen wie aktuell bei der Beförderung und Verteilung von ukrainischen Flüchtenden aufgrund unserer aufgebauten Expertise. Zum anderen erfüllen wir gesetzliche Aufträge nach dem Verkehrsleistungsgesetz als zuständige Behörde für Güter- und Personenbeförderung in entsprechenden Lagen sowie als koordinierende Behörde, d.h. verkehrsträgerübergreifend als Single Point of Contact. Im Spannungs-, Verteidigungs- und Bündnisfall werden wir auf Basis des Verkehrssicherstellungsgesetzes tätig. In beiden Fällen ist es notwendig, dass wir erstens mit allen relevanten Partnern auf Bundes- und Landesebene in Abstimmung stehen. Das erfolgt über Bund-Länder-Gremien, die durch uns eingerichtet und koordiniert werden. Und wir beüben diese Szenarien, um im tatsächlichen Anwendungsfall gerüstet zu sein.

Behörden Spiegel: Seit März dieses Jahres koordinieren Sie den Krisenstab KM-UKR und damit die Beförderung ankommender Flüchtlinge aus der Ukraine. Können Sie hier ohne bürokratische Hindernisse agieren?

Hoffmann: Wir arbeiten mit allen Beteiligten gut zusammen. Die Erfahrungen aus früheren Flüchtlingskrisen haben dazu geführt, dass wir mit allen Beteiligten, dem BMI mit seinen Behörden, hier insbesondere dem BAMF und der Bundespolizei, aber auch mit dem Deutschen Roten Kreuz, sehr gut zusammenarbeiten. Dies gilt auch für die Bundesländer, ohne die eine Verteilung der Flüchtenden nicht möglich wäre. Wir ermöglichen eine unterbrechungsfreie Reise direkt ab der polnisch-ukrainischen Grenze mit Sonderzügen und haben innerdeutsche Busbeförderungen zur Verteilung organisiert. Damit stellen wir eine sichere Weiterreise auch für vulnerable Gruppen, z.B. Frauen mit Kindern, ältere Menschen, sicher und können in den Bundesländern entsprechende Unterkünfte ansteuern. Von bürokratischen Hindernissen können wir – vielleicht ausnahmsweise – mal nicht sprechen.

"Die Namensänderung resultiert aus einer langfristigen Entwicklung, die wir als Behörde im Hinblick auf unsere Aufgaben erleben."

Behörden Spiegel: Welche Aufgabe kommt Ihnen bei der Umsetzung von Soforthilfeprogrammen zur Abmilderung der Auswirkung der Corona-Pandemie zu?

Hoffmann: Diese Aufgabe geht auf das erste Jahr der Pandemie 2020 zurück, wonach wir die sogenannten Vorhaltekosten an deutschen Verkehrsflughäfen mit Billigkeitsentschädigungen aufgefangen haben, um den Betrieb zu erhalten. Und wir haben zugunsten der deutschen Reisebusbranche Billigkeitsentschädigungen auf den Weg gebracht. Man darf nicht verkennen, dass diese Branche stark durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt ist. Die Corona-Krise mit ihren Grenzschließungen kam vorrübergehend einer Art Berufsverbot gleich. Die Billigkeitsentschädigungen für die Aufrechterhaltung dieser Betriebe sind bei uns sehr kurzfristig, aber auch sehr professionell abgewickelt worden.

Behörden Spiegel: Bereiten Sie sich in Anbetracht der aktuellen Corona-Fallzahlen dennoch wieder auf drastische Maßnahmen vor?

Hoffmann: Wir können im Hinblick auf Corona nicht seriös abschätzen, ob wir bereits von einer Rückkehr zum Alltag sprechen können. Wir sind, was Gesundheitsmaßnahmen im Hause angeht, vorbereitet und hinsichtlich unserer Aufgaben als Generalisten bereit – nach entsprechender Priorisierung der Politik – für Förderungen oder Billigkeitsentschädigungen, Unterstützung zu leisten.

Behörden Spiegel: Was sind für Sie aktuell weitere Herausforderungen?

Hoffmann: Das ist definitiv ganz zuvorderst der demographische Wandel – wie in anderen Behörden auch. Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand eintreten. Wir sind dabei, interessierte, motivierte, junge und auch ältere Kolleginnen und Kollegen neu fürs BAG zu gewinnen. Wir suchen auch Quereinsteiger, denn wir haben vielfältige Aufgaben und greifen gerne auf entsprechende Lebens- und Berufserfahrung zurück.

Behörden Spiegel: Wie wird sich die Arbeit des BALM in den nächsten Jahren weiterentwickeln?

Hoffmann: Wir setzen voll auf Digitalisierung! Die Digitalisierung hilft intern, unsere Prozesse zu verbessern und effizienter zu machen. Mithilfe der Digitalisierung haben wir auch extern eine große Bandbreite an Möglichkeiten, z.B. Verdachtsmomente auf Zuwiderhandlung so frühzeitig zu erkennen, dass der Kontrolleur im Außendienst noch zielgenauer vorgehen kann. Auch wollen wir, wenn es um die Förderung moderner und nachhaltiger Mobilität geht – Stichwort Ausbau ÖPNV – zielgerichtete Impulse setzen. Das bedeutet unter anderem, die unterschiedlichen Bedarfe der urbanen Mobilität und des ländlichen Raumes zu berücksichtigen. Darauf freuen wir uns.

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Hinweis: Der Artikel erschien in der Ausgabe September 2022, Seite 6, im Behörden Spiegel.